Bekämpfung des Eichenprozessionsspinners: Fluch oder Segen?

14.04.2022 Im letzten Jahr sorgte der Eichenprozessionsspinner (ESP) für Belastungen im gesamten Stadtgebiet. Wie im letzten Amtsblatt (04/2022) beschrieben, wird es in diesem Jahr eine gemeinsame Aktion von Waldeigentümern, darunter das Land Sachsen-Anhalt, und der Stadt geben. Mittels Hubschraubereinsatz wird das Mittel Foray ES versprüht. Viele begrüßen das massive Vorgehen gegen die Plage, auch im Stadtrat fand sich eine Mehrheit. Doch die wünschenswerte Zurückdrängung des Eichenprozessionsspinners hat erhebliche Nebenwirkungen, welche ich im Folgenden darstellen und am Ende abwägen möchte.

Laut der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) handelt es sich bei dem Biozid-Produkt Foray ES“ um ein eher unspezifisches Biozid. Das Präparat greift nachhaltig in das ökologische Wirkungsgefüge ein. Es tötet nicht nur den Eichenprozessionsspinner, sondern auch andere Schmetterlingsarten, Nahrungsgrundlage für viele Vögel und Fledermäuse. Darüber hinaus werden zwar die Raupen abgetötet, die Gespinste und Brennhaare werden aber durch den Biozideinsatz nicht unschädlich gemacht. Erschwerend kommt hinzu, dass das Biozid auf das Epithel (die Haut) der Raupen einwirkt und zu einem „Aufplatzen“ führen kann, welches die Verbreitung der Brennhaare noch steigert. Daraus folgt, dass trotz des Biozideinsatzes nicht auf die manuelle Entfernung von Nestern und Gespinsten verzichtet werden kann.

Die Art der Ausbringung ist ein entscheidender Faktor in der Bekämpfung. Die Anwendungsbestimmungen von Foray ES schließen meiner Meinung nach eine flächendeckende Ausbringung des Mittels via Hubschrauber nahezu aus. Unter anderem steht unter 4.9 „Zugelassene Anwendung 9: Sprühen aus der Luft an Waldrändern in der Nähe von Siedlungen“, dass „während der Behandlung mit Luftfahrzeugen an Waldrändern, die an Siedlungsbereichen angrenzen sowie innerhalb von 12 h nach Behandlung sind das Betreten und der Aufenthalt Dritter auf den behandelten Flächen und innerhalb einer umgrenzenden Zone von mindestens 20 m Breite nicht gestattet.“ Dementsprechend müssten neben den Fußwegen in den Parkanlagen und Wäldern auch alle Straßen gesperrt werden, an deren Rändern das Biozid zum Einsatz kommt.

Auch die Abstände zu Gewässern müssen unbedingt eingehalten werden, wie unter Punkt 5 „Anwendungsbestimmungen“ zu lesen ist. „Um Abdrift des Biozidprodukts in angrenzende Nicht-Zielflächen (insbesondere Oberflächengewässer und naturschutzrechtlich geschützte Gebiete) zu minimieren, ist bei der Anwendung ein größtmöglicher Sicherheitsabstand (bestenfalls bis zu 25 m) zu Nicht-Zielflächen einzuhalten.“ Dementsprechend dürften einige Wege z.B.: rund um den Viereckteich, den Wallwitzsee oder an den Stillingen gar nicht behandelt werden, da die Wege unmittelbar an das Gewässer angrenzen. Dadurch „schrumpft“ die zu befliegende Fläche bei sachgerechter Verwendung deutlich und wirft die Frage auf, ob bei so einer reduzierten Ausbringungsfläche der Einsatz von Hubschraubern überhaupt Sinn ergibt.

Mein Fazit:

Der Eichenprozessionsspinner wird uns die nächsten Jahrzehnte beschäftigen. Daher kann die Besprühung aus der Luft nur eine einmalige „Feuerwehr“-Aktion bleiben. Wir müssen die kommenden Monate nutzen, um uns technisch und personell auf die dauerhafte, zielgerichtete und ökologisch sinnvollste Art der Bekämpfung einzustellen. Wir müssen über alternative Verfahrensweisen und den Einsatz anderer Mittel wie das Fixiermittel CATEFIX 2020 verständigen. Mit 155.000 € (Kosten der Aktion) kann man auch auf anderen Wegen einiges bewegen. Wir müssen unsere „Wald- und Parkwirtschaft“ auch im Hinblick auf die Klimakrise überdenken. Die aktuelle Aktion ist eine heftige Re-Aktion. Wir brauchen ein langfristiges Konzept mit Augenmaß. Dieses sehe ich im Übrigen auch eher im Umweltamt angesiedelt als, wie aktuell, im Tiefbauamt. .

Dipl. Ing. (FH) Umweltschutz Christoph Kassner
BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN

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