Wettbewerb Meisterhäuser

11.05.2007 Anlässlich einer gemeinsamen Sitzung des Kultur- sowie des Bau-, und Planungsausschusses haben die Stadträte von CDU, PDS, FDP, Pro Dessau, der Freien Wähler sowie Bürgerliste/Die Grünen die Verwaltung einstimmig in ihrem Bestreben unterstützt, für den weiteren Umgang mit den zerstörten Häusern des Meisterhausensembles einen Internationalen Architekturwettbewerb auszuloben.

Internationaler Architekturwettbewerb für den Umgang mit den im Krieg zerstörten Meisterhäusern

Entgegen der lancierten Meinung einiger Experten zum Umgang mit Bauten der Klassischen Moderne kamen die Stadträte zu der Überzeugung, dass der Wiederaufbau der fehlenden Gebäude – wie verschiedentlich gefordert – „ohne wenn und aber“ das falsche Signal im Umgang mit dem Weltkulturerbe „Bauhaustätten“ wäre.

Die Meisterhäuser zählen zum „UNESCO Welterbe“, daher ist im Umgang mit der Rekonstruktion dieser Gebäude äußerste Vorsicht geboten. Die heftige Diskussion um die „Waldschlösschenbrücke“ in Dresden zeigt, dass der Umgang mit UNESCO Welterbestätten eben nicht allein auf kommunaler Ebene entschieden werden kann und darf. Folgerichtig schreibt selbst Dr. Ulrike Wendland, Konservatorin beim Landesamt für Archäologie und Denkmalpflege, dass der Welterbetitel in Gefahr geraten könnte, wenn die fehlenden Gebäude 1:1 rekonstruiert werden würden.

Bauhausarchitektur weiterentwickeln

Das Direktorenhaus von Walter Gropius sowie die benachbarte Doppelhaushälfte wurden im Krieg zerstört: Während das Moholy-Nagy-Haus weiterhin fehlt, wurde im Falle des „Gropiushauses“ auf das auch nach dem Krieg noch vorhandene Sockelgeschoss in den fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts ein Wohngebäude im Stil der damaligen Zeit gebaut.

Im beginnenden 21. Jahrhundert muss nun an diesem exponierten Ort die Architektur des Bauhauses weiterentwickelt werden, anstatt eine überholte Architektursprache, die vor 80 Jahren entstanden ist, zu rekonstruieren. Dies gilt um so mehr, als das „neue“ Gropiushaus mit Sicherheit nicht mehr als Wohnhaus für den Direktor des Bauhauses in Frage kommen wird und eine Nutzung derzeit nur vage benannt werden kann.

Das historische Gropiushaus war Ausdruck seiner Zeit: In den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts war Dessau eine „Boomtown“ – teilweise weltweit agierende Wirtschaftsbetriebe sorgten für wirtschaftlichen und kulturellen Wohlstand für große Teile der Bevölkerung. Gleichwohl waren die Meisterhäuser schon zum Zeitpunkt ihrer Erstellung nicht unumstritten.

Gegenwärtig hingegen befindet sich Dessau in einem Strukturwandel, in dessen Folge die Stadt fast ein Fünftel ihrer Einwohnerschaft verloren hat. In dieser Phase des Umbruchs ein Wohngebäude (!) für sehr viel Geld zu rekonstruieren, ist schwer vermittelbar. Dieses Geld muss sinnvoller genutzt werden, um den Ruf und die weitere Entwicklung der Stadt positiv zu befördern.

Architektur ist dreidimensionale Geschichtsschreibung!

In Dessau wurde erst kürzlich unter Beweis gestellt, dass hervorragende zeitgenössische Architektur einen Strukturwandel unterstützen kann: An einem der bedeutendsten Standorte mitteldeutscher Industrie, dem „Gasviertel“ konnte mit dem Neubau des Umweltbundesamtes (Architektur Sauerbruch & Hutton) ein wichtiger Schritt in die Zukunft gemacht werden. Schon heute lockt das UBA Architekten und Stadtplaner aus aller Welt nach Dessau – innerhalb nur weniger Monate hat es sich zur zweiten Architekturattraktion der Stadt entwickelt. Durch diese Modernisierung stellt das „Gasviertel“ auch zukünftig einen wichtigen Wirtschaftsstandort in Dessau dar.

Hingegen darf bezweifelt werden, dass die bloße Rekonstruktion der fehlenden Meisterhäuser auch nur einen Touristen mehr nach Dessau locken würde – vielmehr würden die bestehenden und mit großer Umsicht und Sachverstand sanierten Gebäude durch „billige Kopien“ (nichts anderes wären diese Neubauten!) geradezu entwertet.

Der Internationale Architekturwettbewerb ermöglicht der Stadt Dessau an die bedeutenden Leistungen, die das historische Bauhaus in Dessau hervorgebracht hat, anzuknüpfen. Dafür bürgen Architekten aus aller Welt, die von dem Wettbewerb angesprochen werden, aber auch die international zusammengesetzte Jury.

Es gilt, die Aufbruchstimmung, die das Bauhaus der 20er Jahre in Dessau in eine weltweit aufgenommene Architektursprache umgesetzt hat, neu zu entfachen und zu interpretieren. Wenn eben dieses gelingt, wird sich schon in wenigen Monaten niemand mehr an die Forderung erinnern, die Meisterhäuser ohne „wenn und aber“ originalgetreu zu rekonstruieren.

Thomas Busch

Wir für Dessau-Roßlau